Als ich in Kärnten Urlaub machte, ist mir dieses Schild „Der Weg des Buches“ aufgefallen:

Natürlich dachte ich zuerst eine Wanderroute, vielleicht zu Bibliotheken oder vielleicht anhand eines regional relevanten Buchtitels. Oder was konnte es sonst sein?
Mit der zweiten Vermutung war ich nicht weit weg von der Lösung:
Es handelt sich um eine Route, auf der deutschsprachige Bibeln und protestantische Gesang- und Gebetbücher zu Geheimprotestanten in Österreich geschmuggelt wurden.
Mir war ja schon in der Kirche in Techendorf aufgefallen, dass es sich bei den Menschen im Tal um den Weißensee um evangelische Christinnen handelt – schauen Sie nur, wie hübsch man dort die Gesangbücher einbindet:


Als ich dann nachfragte, was es mit dem Weg des Buches auf sich habe, bekam ich schon ein bisschen was erzählt und habe mir vorgenommen, dem Thema mal nachzuspüren.
Die Geschichte zum Weg des Buches
Natürlich ist dieser Weg des Buches tatsächlich erst einmal ein Wander- und auch Pilgerweg (sogar mit Pilgerpass!). Er bietet reizvolle Touren für Fuß- und Radwanderer. Aber v. a. bietet er Informationen über eine Zeit, die heute so gut wie vergessen ist: Als Evangelisch-Sein in Österreich verboten war. Der Beginn der Schmugglerroute liegt im bayerischen Ortenburg, denn bis dahin durften die Druckerzeugnisse aus Regensburg und Nürnberg geliefert werden – von da an gings nur noch heimlich.
Und wer einmal im Leben in einer richtigen Kirche protestantischen Gottesdienst feiern wollte, pilgerte damals den Weg von Österreich nach Ortenburg, der protestantischen Enklave. Verheimlichung fand auf die denkbar simpelste Weise statt: Den Büchern wurde die erste Seite rausgerissen, aus der auch für Leseunkundige hervorgehen konnte, ob es evangelische oder katholische Bücher waren. Die „Pilger“ zum Gottesdienst ihrerseits gaben vor, nach Altötting pilgern zu wollen.
Eröffnet wurde der Weg des Buches 2008; 2013 wurde die Verlängerung bis nach Ortenburg eingeweiht.
Andere Wege mit protestantischer Geschichte in katholischer Umgebung
Auch bei Ramsau gibt es eine Wandermöglichkeit auf religiös geschichtlichen Wegen: auf dem „Toleranzweg„; das Besondere an den Geheimprotestanten in Ramsau, Bad Goisern und Umgebung: Die Gottesdienste fanden in Höhlen statt. Der Rundweg ist mit zwei Kilometern eine überschaubare Sache. Eine der Höhlen ist die Kalmooskirche.
Der Beitrag gehört in eine kleine Reihe zu Bibliotheks- und Bücherthemen im Urlaub.
Auf der Leselust habe ich 2013 ein paar Public Libraries in den USA vorgestellt:
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