Recherche vermitteln – aber wann am besten?

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Profi-Wissen Icon Recherche lernenIn meinem Beitrag zur Haltung beim wissenschaftlichen Arbeiten kam die Frage nach dem „Wann?“ für Recherchwissen ja schon auf. Klar ist: „Recherche vermitteln“ sieht in jeder Phase anders aus. Nötig ist es in jeder Phase …

Recherche vermitteln an der Schule

Viele junge Kinder surfen schon gekonnt durchs Internet – sie kennen es nicht anders, es fühlt sich ganz natürlich an. Doch wie bei allem, was man so nebenbei lernt, kann man von bewusstem Umgang, vom Durchdringen auf sachlicher Ebene, nicht ausgehen. Mein Nachwuchs hat sich schon früh durch Zeitungen gewühlt. Erst waren es die Bilder von Sportereignissen, dann die Cartoons, dann kurze Beiträge zu interessanten Ereignissen usw. – doch niemand hätte erwartet, dass „ex hohlo baucho“ das Wissen aufgeploppt wäre, wie sich nun die einzelnen Formen unterscheiden. Einen Meinungsartikel von einem Bericht zu unterscheiden, das muss man lernen. Zum Glück gibt dafür in den Schulen Projekte wie „Zeitung in der Schule“ und Ähnliches.

Auch der Umgang mit dem WWW muss geübt werden – je nach Alter in unterschiedlicher Weise, das ist klar. In meinen Augen besonders wichtig: der kritische Blick auf das, was „im Internet steht“. Die Forderung nach einem Pflichtfach Informatik geht in diese Richtung: Urs Lautebach spricht von der Entmystifizierung des Internets, das mit Informatikkentnissen erreicht werden kann. Das ist in seinen Augen eine Voraussetzung für die mündige Nutzung des WWW. Dem schließe ich mich an.

Doch im schulischen und sonstigen Alltag bisher sind wir davon ja weit entfernt und benötigen deshalb zuerst einmal die Kenntnisse, im WWW genau das zu finden, was wir suchen und zu wissen, wie es einzuschätzen ist. Unabhängig von Informatikfähigkeiten.

Welche Recherchekompetenzen für welche Altersstufe angemessen zu wissen und zu nutzen sind – da kann ich nur spekulieren, denn ich bin keine Lehrerin. 2016 habe ich mir schon mal ein paar Gedanken gemacht, wie die Einbindung der Tools im Unterricht aussehen könnte. Ich stelle mir vor, dass sie den Lehrkräften so selbstverständlich wie das Lesen sind. So können so auf natürliche Weise Eingang ins Klassenzimmer bekommen. Wenn zwischen Lehrkräften und Jugendlichen ein gutes Verhältnis herrscht, sollte es auch möglich sein, dass die Schülerinnen und Schüler  ihre speziellen, oft sehr pratkischen, Kenntnisse an die Lehrerinnen und Lehrer und die anderen Jugendlichen weitergeben.

Recherche lehren in Studium und AusbildungRecherche lehren Symbolbild Unterrichtssituation

Idealerweise kommen Jugendliche und junge Erwachsene also mit einer Grundausstattung an Recherchekenntnissen in die Ausbildung – sei es eine betriebliche mit Berufsschule oder sei es ein Studium. Sie wissen nicht nur, dass Wikipedia keine zitierfähige Quelle ist, sondern auch, dass es Methoden gibt, die Verlässlichkeit von Seiten im WWW zu prüfen.

Ich befürchte, dass das eine sehr optimistische Einschätzung ist … Wie der Schüler beim Tag der Medienkompetenz im November  anmerkte, gibt es einfach zu große Unterschiede in der Ausstattung von Schulen. Dazu kommt der immer noch sehr unterschiedliche Wissensstand in den Kollegien zum Thema. Bevor sie Recherche vermitteln können, müssen sie sie oft selbst erlernen.

Wenn aber alles ideal läuft, gibt es die Kenntnisse auf beiden Seiten und nun kann im Rahmen der Ausbildung weiter an den Recherchekenntnissen gefeilt werden:

  • Fachbezogene Recherchen – wie erfahre ich mehr über das, was ich da lerne, welche Möglichkeiten bietet das Netz?
  • Kritische Alltagsrecherche – das WWW hat eine große Überwältigungsfähigkeit, weil es einfach so riesig ist; dazu einen sicheren inneren Abstand aufzubauen und immer wieder die Ergebnisse kritisch zu hinterfragen, ist in unserer Gesellschaft sehr wichtig, um selbstbestimmt leben und entscheiden zu können.
  • Literaturrecherche – nicht nur die Studierenden benötigen sie; efffiziente Literaturrecherche hilft dort natürlich besonders gut, aber auch in der Aus- und Weiterbildung außerhalb der Universitäten ist sie nützlich.

Recherche vermitteln in der Fort- und Weiterbildung

Das Stichwort  Weiterbildung ist schon gefallen: Auch wer im Beruf steht, benötigt Kenntnisse, um sich souverän im WWW bewegen zu können. Es gibt verschiedene Seminaranbieter, die solche Fortbildungen im Programm haben. Große Firmen können Seminare und Workshops in ihre internen Fortbildungsprogramme integrieren. Von der Recherchekompetenz der Mitarbeitenden profitieren im Grunde alle: Arbeitgeber und Mitarbeiterinnen. In diesem Zusammenhang bedeutet „Recherche lehren“, sich auf die Aufgaben und Themen der jeweiligen Zielgruppe einzustellen – das liegt dann in der Hand der Dozierenden, seien sie nun extern oder zum Betrieb gehörig.

Ein Aspekt ist für die Recherchekenntnisse nicht zu vernachlässigen: Auch wenn Sie heute eine super-duper Fortbildung machen, können Sie sich  nicht darauf verlasssen, dass Ihnen das in drei Jahren in allen Fällen weiterhilft. Wenn Sie dann das erste Mal wieder auf dieses Wissen zurückgreifen, ist es in Teilen veraltet. Das WWW ist in ständiger Bewegung, verändert sich laufend: Suchmaschinen tauchen auf und verschwinden wieder, manche Befehle funktionieren nicht mehr – so ist das „Trunkieren“ bei Google verschwunden; die erweiterte Suche gibt diese Möglichkeit nicht mehr vor und einfach ein Sternchenn zu setzen, bringt nichts mehr. Das heißt, dass Sie nach einer Fortbildung dran bleiben müssen – sei es mit weiteren Fortbildungen, sei es auf eigene Faust.

Auch wenn ich Sie als Leserin oder Leser jetzt in der Rolle als Lernende angesprochen habe: Die Frage, „Wann passt `Recherche vermitteln‘  am besten?“, ist vor allem an die gerichtet, die für Lehrpläne und Fortbildungsprogramme verantwortlich sind: In der Politik, in den Schulen, Universitäten und Betrieben.

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