Heute hat Holger Pyka meinen Fragebogen beantwortet – ein evangelischer Pfarrer in Köln, Kirchenhistoriker und Blogger:
Was machen Sie beruflich?
– Evangelischer Gemeindepfarrer und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchengeschichte.
Welcher Art war die Ausbildung zu Ihrem Beruf? (Studium, Lehre, was Kombiniertes, Quereinstieg)
– Studium der Theologie (und einiger anderer interessanter Nebenschauplätze) und praktische pastorale Ausbildung, erstes und zweites Examen. Vieles fühlt sich trotzdem nach Quereinstieg an.
Welche Kenntnisse und Erfahrungen benötigen Sie für Ihre Tätigkeit?
– Theologisches Wissen und Deutungskompetenz, Neugier und ein Händchen für Menschen und Situationen, ein Gespür für Sprache, vielleicht so etwas wie das Gefühl einer Berufung – und irgendwie auch Organisationsvermögen.
Wie sieht Ihre Weiterbildungsstrategie aus?
– Ein Kessel Buntes: Kurse aus dem breit gefächerten Weiterbildungsangebot für Pfarrerinnen und Pfarrer, Lektüre fachwissenschaftlicher oder aktueller Literatur, Fortbildung „auf eigene Faust“, je nach Interesse und Bedarf – und die Reflexion interessanter Kontakte oder schwieriger Situationen in beruflichen Kontexten gemeinsam mit anderen.
Müssen Sie für die alltägliche Arbeit oder für grundsätzlich für Ihr Know-How regelmäßig aktuelle Informationen besorgen?
– Klar, ständig. Das geht von der Abfrage des aktuellen theologischen Forschungsstandes zu einem bestimmten Thema über die Suche nach aussagekräftigen Statistiken bis hin zu der Frage nach praktischen Hilfsangeboten für Menschen in herausfordernden Lebenssituationen in der Umgebung.
Gehörte die Vermittlung von Suchmethoden zu Ihrer Ausbildung?
– Zu einem Teil sicherlich, zumindest, was die theologische Literatur- und Datenbankrecherche angeht.
Wo sind Ihre Anlaufstellen, wenn Sie etwas suchen? (Kolleginnen, Bücher, öffentliche Stellen, Fachzeitschriften, Internet oder noch was anderes)
– Das kommt ein bisschen darauf an, was ich suche – was theologische Fachfragen angeht, da hat das Internet in den letzten Jahren einen gewaltigen qualitativen Sprung nach vorne gemacht, weil verschiedene Stellen den Wert frei verfügbaren und vernetzten Wissens erkannt haben. Trotzdem helfen in vielen Fragen eher das Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen oder aber der von kundigen Mitarbeitenden verwaltete Bestand unserer Hochschulbibliothek weiter. Wenn es um handfeste Lebenshilfe geht, verfügen gerade ältere Kolleg_innen oft über beachtliche Netzwerke, wenn die nicht greifen, helfen manchmal Behörden aus. Und wenn es eher um die Frage geht, wie ein bestimmtes Thema in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, bringt die ziellose und relativ offene Suche im Internet oft Interessantes zum Vorschein. Für meine wissenschaftliche Tätigkeit brauche ich außerdem Archive. Da sind noch längst nicht alle Bestände digitalisiert, deswegen muss ich ab und an in den alten Akten blättern. Das hat auch was.
Wenn Sie im Internet suchen: Welche Mittel nutzen Sie? (Suchmaschinen, (Fach)Foren, Wikipedia, (Fach)Datenbanken, Bibliotheksangebote)
– Suchmaschinen, Foren, Online-Lexika (wibilex, bbkl oder auch wikipedia) und Fachdatenbanken (ixtheo).
Hat sich Ihre Form der Informationsbeschaffung in den letzten Jahren geändert? Wenn ja, wie und warum?
– Ja, natürlich. Zu Beginn meines Studiums fing Wikipedia so langsam an, sich die oberen Ränge in den Trefferlisten von Suchmaschinen zu erobern, ohne dabei mit besonderer Tiefe aufwarten zu können. Da hat sich viel getan. Auch die Verfügbarkeit von Quellentexten, Daten und Wissen im Allgemeinen hat sich enorm verbessert. Bei Recherchen, die weniger Fakten als vielmehr Stimmungen oder Meinungsbilder betreffen, sind Blogs und Diskussionsforen eine wahre Fundgrube: In Trau- oder Beerdigungsforen etwa erfahre ich Spannendes, zum Teil auch Wunderliches darüber, was Menschen von den entsprechenden Feiern erwarten oder befürchten. Die persönlichen Gespräche ersetzt das natürlich nicht, aber es ergänzt sie. Und soziale Medien bieten gute Möglichkeiten zu informellem Austausch gerade mit Menschen, die über traditionelle kirchliche Kommunkationskanäle nur schwer zu erreichen sind. So bekomme ich zum Beispiel auch Feedback auf Predigten von Leuten, die nicht am Sonntagmorgen in der Kirche sitzen.
Ist das Internet für Sie eine hilfreiche Einrichtung?
– Ich bin wohl ganz Kind meiner Generation und kann mir nur schwer vorstellen, wie es irgendwann einmal ohne gehen konnte…
Gibt es zu Ihrem Bereich viele Informationsmöglichkeiten im Netz?
– Ja, auf jeden Fall, gerade weil das Internet interessierten und engagierten Menschen eine Möglichkeit zur öffentlichen Äußerung bietet. Auch die Webangebote diakonisch-karitativer oder behördlicher Einrichtungen werden immer besser, sodass ich schneller zu den Kontaktdaten der für mich wichtigen Ansprechpartner komme. Trotzdem muss man sagen, dass man gerade im Bereich „Glauben und Religion“ ein Gespür für die Qualität und die Redlichkeit der angebotenen Informationen entwickeln muss – manche Seite will nicht informieren, sondern (in welche Richtung auch immer) missionieren oder manipulieren.
Haben Sie eine Suchstrategie entwickelt, die Sie verlässlich zu den benötigten Quellen führt?
– „Strategisch“ würde ich mein Suchen nicht gerade nennen – aber in der Regel finde ich das, was ich brauche. Und viel Spannendes noch dazu.
Haben Sie mal bei einer Recherche ein besonderes Highlight erlebt?
– Erstaunt und positiv überrascht war ich, als ich zwei Abhandlungen von Theologen aus dem 17. Jahrhundert zum Thema „Karneval“ komplett digitalisiert und online einsehbar gefunden habe. Wenn man sich für Kirchen- und Mentalitätsgeschichte interessiert, sind das schon kleine Goldstückchen.
Digitalisate sind hier ja auch häufiger Thema – endlich kommt mal jemand zu Wort, der das wirklich braucht! Darüber freue ich mich sehr.
Oben habe ich ja schon erwähnt, dass Holger Pyka auch bloggt. Wenn Sie nun seine Sprache und dazu noch Kirchengeschichten mögen, freut er sich sicher über einen virtuellen Besuch: Kirchengeschichten.
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