Ein schmaler Band voll Leben von Manuela Reichert

Veröffentlicht in: Buchbesprechung, Bücher, Kulturelles | 1

„Zehn Minuten und ein ganzes Leben“ heißt der soeben erschienene Titel von Manuela Reichert – auf knapp 100 Seiten komprimiert sie das lange Leben der namenlosen Protagonistin. Am Anfang ist es viertel vor zehn – am Ende des Buches ist es fünf vor zehn und die Hauptperson ist gestorben. Doch die Menschen an ihrem Bett, die die Uhrzeit nennen, bekommen nur das letzte Wort mit: „Tanzen“ – der Leser aber hat in der Zeit das gesamte Leben in Schlaglichtern vorgestellt bekommen, angefangen bei der ersten Kindergartenliebe und dem damit verbundenen Kummer bis hin zur letzten Enttäuschung, dass Kinder und Enkel nicht kommen können aus ihrem geschäftigen Leben, um sie ein letztes Mal zu sehen, wenn sie es will. Dazwischen liegen Jahre voll Verheißung und Erfüllung und Enttäuschung. Wiedersehen gestaltet sich nicht wie gewünscht – wie peinlich, den ehemals Geliebten und Verehrten nicht wieder zu erkennen … Andere kommen nicht zustande, weil der Tod dazwischentritt.

Manuela Reichert schreibt eher lakonisch, kurz und prägnant. Manche der Miniaturtexte enden mit einer überraschenden Wendung. Meist jedoch sind sie einfach nur dicht und vermitteln die Atmosphäre der jeweiligen Lebensstufe. Ein kleines Werk, doch lesenwert – man kann es rasch durchlesen, es empfiehlt sich aber ein bisschen Muße, um den einzelnen Gefühlen nachzuspüren.

Manuela Reichert: Zehn Minuten und ein ganzes Leben, S. Fischer, ISBN: 9783100636041

Rezensionen ab Mai 2013 erscheinen in meinem Literaturblog Kölner-Leselust.de.

  1. Andrea

    Danke für den Buchtipp – ist schon auf meiner Wunschliste gelandet!

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